Die Mitte-EVP-Fraktion spricht sich gegen die vorliegende Volksinitiative aus und unterstützt damit die Haltung des Stadtrates. Die Initiative mag in ihrer Absicht gutgemeint erscheinen – doch sie schiesst aus unserer Sicht in mehrfacher Hinsicht über das Ziel hinaus.
Förderung der sexuellen Gesundheit: Ja – aber mit Augenmass
Die Förderung der sexuellen Gesundheit ist ein wichtiges Anliegen – das in der Stadt St.Gallen bereits vielfältig umgesetzt wird. Diverse Angebote wie jene der Aidshilfe, Fachstellen für Aids- und Sexualfragen, Jugendberatung oder Schulsozialarbeit stehen Jugendlichen und Risikogruppen heute schon offen – teils sogar kostenlos oder stark vergünstigt. Die Stadt, resp. der Kanton St.Gallen erfüllt damit seine Verantwortung zur Gesundheitsvorsorge – gezielt, wirksam und differenziert.
Eigenverantwortung muss Teil der Lösung bleiben
Die Mitte-EVP-Fraktion erachtet die Eigenverantwortung als tragendes Prinzip auch in der Gesundheitsprävention. Es ist nicht Aufgabe der Allgemeinheit, sämtliche gesundheitsbezogene Vorsorgemassnahmen kostenfrei zur Verfügung zu stellen – zumal es sich hier um einen persönlich beeinflussbaren Lebensbereich handelt. Der Staat darf und soll aufklären, unterstützen und sensibilisieren – aber nicht alles abnehmen.
Zwar ist der finanzielle Aufwand nicht der Hauptgrund unserer Ablehnung – doch schwingt er auch mit. Geschätzte jährliche Kosten von rund CHF 370’000, zusätzlich ein beträchtlicher interner Aufwand für Planung, Umsetzung und Controlling – dies in einem Bereich in dem grundsätzlich der Kanton zuständig ist. Es ist nicht zielführend, wenn wir uns als Stadt zusätzliche Aufgaben aufbürden, die eigentlich in den Verantwortungsbereich des Kantons fallen. Unsere Ressourcen sind beschränkt, und wir sollten uns auf unsere Kernaufgaben konzentrieren, statt ständig neue Verpflichtungen zu übernehmen.
Da ein Gegenvorschlag gemäss den Vorberatungen und Komissionssitzungen nur via Gemeindeordnung möglich wäre, sehen wir auch diesen Weg nicht. Die Gemeindeordnung ist kein Ort für operative Detailregelungen und wir sind gegen den Versuch, operativ-umsetzungsbezogene Themen wie kostenlose STI-Tests in der Gemeindeordnung zu verankern. Die Gemeindeordnung dient der Regelung übergeordneter Strukturen und Zuständigkeiten – nicht der konkreten Ausgestaltung von Gesundheitsleistungen. Eine solche Detailpolitik auf Verfassungsebene ist unverhältnismässig.
Die Mitte-EVP-Fraktion anerkennt die Bedeutung der sexuellen Gesundheit – sie setzt sich für gezielte, verhältnismässige und nachhaltige Lösungen ein. Die Initiative hingegen greift in die Eigenverantwortung ein, ist kostenintensiv und geht strukturell zu weit. Wir lehnen sie daher ab und empfehlen, der Einschätzung des Stadtrates zu folgen.